Pensionierung, Ruhestand und Jane Fonda – was haben die miteinander zu tun?

Pensionierung, Ruhestand und Jane Fonda

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Credit: photo by Viv Lynch

Ganz einfach: Jane Fonda hat dazu einen sehr bewegenden TED Talk gehalten: Der dritte Akt des Lebens. Für mich persönlich ein schönes Lehrstück dafür, wie wir den wervollen Lebensabschnitt «Pensionierung und Ruhestand» angehen können.

Hier die Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Deutsche Übersetzung: Judith Matz,  Lektorat: Alex Boos

https://www.youtube.com/watch?v=IHyR7p6_hn0

Ich habe hier die für mich wichtigsten Punkte aus dem Video zusammengefasst:

Das Alter als Potential sehen, nicht als Diagnose

Wir leben heute 34 Jahre länger als unsere Urgrosseltern es taten. Eine ganze Lebensspanne eines Erwachsenen ist an unsere eigene Lebensspanne angehängt worden. Ein enorm grosser Zeitraum, den es zu gestalten und zu leben gilt. Das Alter sollten wir deshalb nicht einfach als Diagnose nehmen, sondern als Entwicklungsstufe mit ihrer eigenen Bedeutung – das Alter als Potential.

Ich habe entdeckt, dass, wenn man einmal im Alter steckt, die Angst davor vergeht. Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass es eine Zeit der Erfüllung und des Wachstums ist. Einiges davon ist ganz klar genetisch, die Veranlagung macht ein Drittel aus. Und da lässt sich nicht viel dran drehen. Aber das bedeutet, dass zwei Drittel unserer Erfolge im dritten Akt von uns beeinflusst werden können.

Das Ziel des 3. Aktes

Die ganze Welt funktioniert nach einem universellen Gesetz: Entropie, der zweite thermodynamische Hauptsatz. Entropie bedeutet, dass alles auf dieser Welt,  in einem Zustand des Verfalls und Verderbens ist.  Es gibt nur eine Ausnahme. Und das ist der menschliche Geist. Er kann sich weiterhin empor entwickeln kann und uns zu Ganzheit, Authentizität und Weisheit führen. Unser Geist ist manchmal von den Lebensaufgaben überlagert, von Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung. Es kann sein, dass unsere Eltern an einer Depression littten. Möglicherweise waren sie nicht in der Lage, uns außerhalb unserer Rolle in dieser Welt zu lieben. Vielleicht leiden wir immer noch von einem psychischen Schmerz, einer Wunde. Oder wir fühlen, dass viele unserer Beziehungen nicht zum Abschluss kamen. Und so können wir uns unvollendet fühlen. Vielleicht ist es die Aufgabe des dritten Aktes, die Aufgabe der Selbstvollendung zu vollenden.

Der Lebensrückblick bringt einem nach vorne

Ich erkannte: Um den weiteren Weg zu erkennen, muss ich wissen, wo ich gewesen war. Und so ging ich zurück und untersuchte meine ersten beiden Akte. Ich versuchte zu verstehen, wer ich damals war, wer ich wirklich war – und nicht, wer ich laut meiner Eltern oder anderer Leute war, oder als wen sie mich behandelten. Ich entdeckte ein paar Jahre später, dass dieser Prozess „Lebensrückblick“ genannt wird. Psychologen sagen, er gebe dem Leben eines Menschen neue Bedeutsamkeit, Klarheit und Sinn.

Vielleicht erkennen Sie, wie auch ich, dass viele Dinge, die man für seinen eigenen Fehler hielt, viele Dinge, die man von sich selbst dachte, eigentlich gar nichts mit einem selbst zu tun hatten. Es war nicht die eigene Schuld, es ist alles gut. Und man kann zurückgehen und ihnen vergeben und sich selbst vergeben. Man kann sich von seiner Vergangenheit befreien. Man kann daran arbeiten, die Beziehung zur eigenen Vergangenheit zu ändern.

Was bestimmt die Lebensqualität?

In einem Buch von Viktor Frankl, der fünf Jahre in einem Konzentrationslager der Nazis verbracht hatte, las ich diesen Satz:

„Man kann dem Menschen alles nehmen, nur eines nicht: die freie Wahl, auf die Umstände so oder so zu reagieren.“

Dies bestimmt die Qualität des Lebens, das wir gelebt haben – nicht unsere Armut oder unser Reichtum, Berühmtheit oder Unbekanntheit, Gesundheit oder Leid. Was unsere Lebensqualität bestimmt, ist, wie wir diese Realitäten in Verbindung setzen, welche Bedeutung wir ihnen zuweisen, was für eine Auffassung wir ihnen anheften, welchen Bewusstseinszustand wir ihnen zugestehen.“

Möglicherweise ist der Kern des dritten Aktes zurückzugehen, und gegebenenfalls zu versuchen, unsere Beziehung zur Vergangenheit zu ändern (siehe dazu auch meinen Gedankensplitter zu «prendre sa retaite, retraiter»)

Nervenbahnen neu verknüpfen

Kognitive Forschung zeigt, dass unsere Fähigkeit, dies zu tun, sich neurologisch manifestiert – Nervenbahnen werden im Gehirn geschaffen. Wenn man über die Zeit negativ auf Ereignisse und Menschen reagiert hat, dann legen chemische und elektrische Signale, die durch das Gehirn geschickt werden, Nervenbahnen an. Und mit der Zeit werden diese Nervenbahnen gefestigt, sie werden zur Norm – selbst, wenn das schlecht für uns ist, weil es für uns Stress und Besorgnis bedeutet. Wenn es uns aber möglich ist, zurückzugehen und unsere Beziehung zu ändern, unsere Beziehung zu vergangenen Menschen und Ereignissen neu auszulegen, dann können sich die Nervenbahnen ändern. Und wenn wir die positiveren Gefühle mit der Vergangenheit verbinden können, dann wird das zur neuen Norm. Als würden wir einen Thermostat zurücksetzen.

Es sind nicht die Erfahrungen, die uns weise machen, es ist die Reflexion über die Erfahrungen, die wir gemacht haben, die uns weise macht – und die uns dabei hilft, eins zu werden, und Weisheit und Authentizität schafft. Sie hilft uns, das zu werden, was wir hätten sein können.

Ich hoffe, ich habe hiermit die eingangs gestellte Frage beantwortet und du siehst nun, dass Pensionierung, Ruhestand und Jane Fonda sehr viel damit zu tun haben, wie wir unseren 3. Akt des Lebens angehen können.